Die deutschen Kurorte und ihre natürlichen Heilmittel

Trinkkuren

Günter Wagner / Uwe Schröder / Dr. med. Johannes M. Peil

Erfischend ist er, der Schluck kühlen Wassers. Doch wenn das Heilwasser im Magen-Darmtrakt seine erste Wirkung zeigt, hat das auch Konsequenzen für den psychischen Zustand des Einzelnen. Das Heilwasser-Trinken ist ein bewusst gesetzter Akt. Der Patient hat das Gefühl, aktiv etwas für seine Gesundung zu tun. Zudem ist eine Trinkkur eine effektive Möglichkeit, dem Patienten das richtige und ausreichende Trinken wieder zu erlernen und erleben zu lassen.
Zum Beispiel bei einer individuell angepassten Trinkkur während einer medizinisch indizierten Reduktionsdiät. Je weniger gegessen wird, desto mehr sollte getrunken werden, zum Beispiel um die vermehrt anfallenden harnpflichtigen Substanzen ausscheiden zu können. Zudem können mineralstoffreiche Heilwässer mithelfen, auch bei einer energiereduzierten Diät die notwendige Zufuhrmenge an spezifischen Mengenund Spurenelementen aufzunehmen. Auch die Einnahme diverser Medikamente, die zur Wasserausscheidung führen können, erhöhen den Flüssigkeitsbedarf zusätzlich, zum Beispiel Diuretika und Laxantien.
Bei vielen Kur- und Reha-Aufenthalten hat sich eine modifizierte und im Ernährungsregime integrierte Trinkkur bewährt. Denn mit ca. 55-70 % des Körpergewichtes ist Wasser Hauptbestandteil des menschlichen Körpers. Fast die Hälfte des gesamten Wasserbestandes ist in der Muskulatur lokalisiert. Je höher die Stoffwechselleistung einer Zelle (Muskelzelle), desto höher ist ihr Wassergehalt bzw. ihr Wasserbedarf. Schon nach einigen Stunden unter Wassermangel treten negative Auswirkungen auf die Körperfunktionen auf. Bei anderen Nährstoffen macht sich eine fehlende Versorgung erst nach Tagen oder Wochen bemerkbar. Richtiges Trinken und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sind Voraussetzungen für nachhaltiges Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.
Bezogen auf den Ganzkörperwasserbestand beträgt der tägliche Wasserumsatz etwa 6 % des Körperwassers beim Erwachsenen und circa 20 % beim Säugling. Die Richtwerte für die Höhe der Gesamtzufuhr von Wasser betragen beim gestillten Säugling etwa 1,5 ml / kcal, beim Erwachsenen circa 1 ml / kcal und bei älteren Menschen mehr als 1 ml / kcal Energieverbrauch.
 
Senioren sollten vermehrt Flüssigkeit aufnehmen, da sie häufig an Exsikkose leiden. Diese entsteht oft durch Erkrankungen und unangepasste Trinkgewohnheiten. Des Weiteren verliert der Mensch mit zunehmendem Alter das Empfinden für Durst. Ein Teil der Einbußen im mentalen Bereich bei älteren Personen wird oft auf eine zu geringe Trinkmenge zurückgeführt. Eine tägliche Flüssigkeitsaufnahme von über 2,0 Litern erscheint für eine optimale geistige Leistungsfähigkeit bei Personen über 60 Jahre als notwendig.
 
Eine ballaststoffreiche Kost (zum Beispiel mit Kleie) verlangt aufgrund ihres hohen Wasserbindungsvermögens eine höhere Flüssigkeitsversorgung. Isolierte Quellstoffe sind in der Lage, bis zur 37-fachen Menge ihres Eigengewichtes an Wasser zu binden.
 
Auch eine proteinreiche Kost sollte immer mit einer großen Flüssigkeitsaufnahme gekoppelt sein, um die zusätzlich anfallenden harnpflichtigen Stoffe auszuscheiden. Andernfalls können Harnsteine und eine Störung des Calciumstoffwechsels entstehen. Die Entgiftung des Körpers erfolgt zu 90 % durch den Urin und nur zu 10 % durch den Stuhl.
 
Heilwasser-Trinkkuren können nachhaltig positive Anpassungsvorgänge im Körper auslösen und zudem wünschenswerte Änderungen im täglichen Trinkverhalten bewirken. Zum Ersteren gehört beispielsweise die Behandlung von chronischen Funktionsstörungen im Verdauungstrakt und des vegetativen Stoffwechsels. Zum Letzteren das Erlernen und das positive Erleben eines ausreichenden Trinkens auf Wohlbefinden, Genesung und Gesundheit.
 
Für die Zukunft zeitgemäßer Trinkkuren mit Heilwässern mag die Aussage des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog aus seiner Berliner Rede vom August 1997 ein kleiner Wegweiser sein: „... wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem; was ich vermisse, ist die Fähigkeit und den Willen, das als richtig Erkannte auch durchzusetzen. Glauben wir an uns selbst, dann liegen die besten Jahre noch vor uns.“ Das gilt richtig angewendet auch für die unterschiedlichsten Trinkkuren mit Heilwasser.

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