Ziel ist Regeneration/Rekonditionierung durch Adaptation/ Akkomodation an Stimuli, also Training aller Körperfunktionssysteme.
2.1 Generelle Anpassung an äußere Stimuli
Seriell-iterative und differenziert applizierte externe Stimuli bessern oder normalisieren funktionelle Störungen (Rouxsche oder, Arndt-Schulzsche Regel, modifiziert durch Selye als Stress). Diese chronotherapeutisch dosierten, normalisierenden Stimuli mit entsprechenden Erholungsphasen steigern – analog der Muskel-Aktivierung – über eine „trainierende“ Anpassung Leistungskapazitäten, die über das Kurende hinaus andauern: labile, gestörte und erkrankte Regulationssysteme werden durch Adaptation/Habituation „unspezifisch“ gebessert, zusätzlich zu den durch spezifische Faktoren/Stimuli verursachten, quasi-pharmakologischen Therapieeffekten, die den Kriterien der „evidence based medicine“ ensprechen.
2.2. Mineral-Thermal-Wasser
Temperatur, Wasserdruck, Auftrieb, Viskosität wirken physikalisch, die Inhaltsstoffe chemisch und damit pharmakologisch; Dosierungskriterien sind Fläche, Dauer, Intervall der Applikation und die Kombination mit anderen Stimuli. Diese Kriterien sind den spezialisierten Kurärzten bekannt, die dies im Kurplan berücksichtigen.
2.2.1. Wannenvoll- und -teilbad: (Interaktive) Aquale Immersion
Die Weltraummedizin simuliert mit dem Bad, „head-outwater-immersion“ die Schwerelosigkeit (heureka), und ihr verdanken wir die gültigen Erkenntnisse einschließlich der Temperaturwirkungen und der wesentlichen Thermoneutralität, also 34,5 °C (± 0,5 °C), bei der unter Ruhebedingungen weder Wärme zu- noch abgeführt wird.
2.2.1.1. Wannenbad (thermoneutrales Vollbad)
Im Vollbad, der klassischen Applikation der Bade-Kur, wirken Hydrostatischer Druck und Auftrieb sowie Wassertemperatur und Auftrieb (microgravity) sowie Temperatur und die Wasserinhaltsstoffe.
Die Zeit-Dosis ist zu hinterfragen; die übliche Applikation von 20 Minuten ist zu kurz, da „evidente Daten“ ab einer Immersionszeit von 30 Minuten gewonnen wurde; die meisten validen Daten wurden bei einstündiger Immersion mit geeigneter Flüssigkeitszufuhr gewonnen.
Die venöse Hämodynamik wird unmittelbar verbessert wie auch die Mikrozirkulation mit Verschiebung von Gewebsflüssigkeit in die Gefäße, was die Blutfließeigenschaften verbessert. Über eine zentripetale Blutumverteilung aus dem Niederdrucksystem der Extremitäten und des Abdomens von 700 ml Blut werden Vegetativum/Neuroendokrinium beeinflusst: durch Reduktion der Ausschüttung von Antidiuretischem Hormon/ Arginin-Vasopressin aus der Hirnanhangsdrüse, Auschüttung des atrialen natriuretischen Peptides „Bremsung“ des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, Senkung der Stresshormone/Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin.
Hormonell vermittelt, nimmt der periphere arterioläre Widerstand um 30 % ab und so steigt die Durchblutung um 30 %. Die Sauerstoffaufnahme bleibt unverändert bedingt durch Hochdrängen des Zwerchfells einerseits und eine Umverteilung von Lungendurchblutung und -belüftung/ Verbesserung der Distribution. Der arterielle Blutdruck nimmt leicht ab; über die Herzfrequenz sind die Angaben widersprüchlich, da Atemschutzreflex/“Tauchreflex“ vs. Bainbridge-Reflex konträr sind.
Die „preload“-Erhöhung führt zur absoluten Kontraindikation des Vollbades ab Herzinsuffizienz-NYHA-Stadium III. Halbbäder können aber auch bei schwerer Herzinsuffizienz therapeutisch sinnvoll eingesetzt werden; Atemsinsuffizienz, in den älteren Lehrbüchern eine Kontraindikation, ist aufgrund gültiger Untersuchungen immer indiziert, da die Atemmuskulatur im Bad trainiert wird und die arterielle Sauerstoffaufnahme bei allen Atemwegserkrankungen verbessert wird.
Dass jede venöse Insuffizienz gebessert wird, ist evident und plausibel, da der Druck jedes Kompressionsstrumpfes und -verbandes übertroffen wird. Der Auftrieb (Archimedische Antigravitation) entspannt zusätzlich das Vegetativum und die Muskulatur, reduziert Muskelspasmen, inhibiert Dehnungsreflexe, lockert das Bindegewebe, beseitigt nicht-entzündlich bedingte Schmerzen; diese analgetische Wirkung ohne zusätzlichen thermischen Stimulus ist zu wenig bekannt. Iterativ als Kur appliziert wird damit die Wirbelsäulen- als auch die Extremitätenbeweglichkeit verbessert.
2.2.1.2. Chemische Effekte der Wasserinhaltsstoffe (Mineralien, Gase)
Bei perkutaner Applikation wirken Sole, Jod, Schwefel, Radon und Kohlendioxid (letztere sind Heilgase). Andere Mineralien haben nach gültiger Erkenntnis keine chemische Wirksamkeit. Kohlendioxid/„Kohlensäure“, Radon und reduzierter Schwefel wirken mit Dosis-Wirkungskurven einschließlich Toxizität und Letalität bei Überdosierung.
Sole (mindestens 1,4 % NaCl/Na: 5.5g, Cl: 8.5g) verstärkt den Auftrieb, in Konzentrationen von 2-6 % verliert die Haut Flüssigkeit und destabilisiert die Korneozyten der Hornschicht mit erfolgreicher Abschuppung. Die Einlagerung von Salzkristallen bei gleichzeitiger Elution macht die Hornschicht transparenter, so wird die Haut konditioniert für eine anschließende Ultraviolett-Therapie z. B. der Psoriasis vulgaris. Die verringerte evaporative Wärmeabgabe führt zur Indikation „Erkrankungen des Muskulo-Skeletal-Systems“, wozu kontrollierte Studien dringend notwendig sind.
Jod verbessert die arterielle und mikrozirkulatorische Hautdurchblutung und senkt den arteriellen Blut(hoch)druck. Kontrollierte Studien existieren bisher erst im Ansatz, was auch für Jodsole gilt. Die klinische Überprüfung theoretisch rationaler Therapieansätze steht bisher aus.
Reduzierter Schwefel im Wasser, aber auch als Gas („Solfatare“: natürliche terrestrische Gasexhalation) wirkt ab einer Konzentration von 4 mg H2S/kg Wasser; – deklarationsfähig sind Konzentrationen ab 1 mg Sulfidschwefel/ l. H2S erweitert dosisabhängig die Hautgefäße, verstärkt die Vasomotion und beeinflusst die (subjektive) Thermoindifferenz; außerdem moduliert H2S das Immunsystem über eine reversible Suppression der „Langerhans-Zellen“ der Haut; außerdem zerstört H2S freie Sauerstoffradikale, eine bedeutsame Wirkung, die der weiteren Abklärung bedarf. Bewährt sind Schwefelwasserstoffbäder bei „rheumatischen“ Erkrankungen des Muskulo-Skeletal-Systems im chronischen und subakuten Stadium. Antiparasitär und dermatotherapeutisch werden Schwefelwässer verwendet bei chronischen Ekzemen, Psoriasis, Neurodermitis und seborrhoischer Dermatitis.
Oxidierter Schwefel (SO4) wird nur in Kombination mit Kohlendioxid perkutan inkorporiert und in den Gelenkknorpel eingebaut, wie die Arbeitsgruppe des Nobelpreisträgers und „Inaugurator der Nuklearmedizin“ G. v. Hevesy in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts festgestellt hat. Die klinische Bedeutung dieses Befundes wurde nie überprüft.
Radon als lipoidlösliches Edelgas wirkt analgetisch und antiphlogistisch über eine Stimulation der Nebennierenrinde; bei serieller Applikation in kontrollierten Studien ist es der (aktiven) Bewegungstherapie überlegen bei den Indikationen Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) und rheumatoider Arthritis. Somatisch ist es als Allpha-Strahler unbedenklich, seine genetische potenzielle Gefährdung wird zur Zeit sehr emotional und polemisch geführt. Sein „benefit“ dürfte aber (Daten der Jahre 2000-2003) sowohl bezüglich Risko-Nutzen im Vergleich mit allen anderen Therapieverfahren als auch gesundheitsökonomisch hervorragend sein.
Perkutan appliziertes Kohlendioxid („Kohlensäure“) ist der am intensivsten untersuchte, gleichzeitig häufigste gasförmige Wasserinhaltsstoff, der auch als Gas („Mofette“) vorkommt. Es wirkt ab einer Konzentration von 400 mg/l. Als Stoffwechselendprodukt ubiquitär im Körper, beeinflusst Kohlendioxid bei perkutaner Applikation die Hautthermorezeptoren mit Stimulation der Warmund Suppression der Kaltrezeptoren, dilatiert präkapilläre Arteriolen, eröffnet funktionell verschlossene Kapillaren, senkt die Blutviskosität und erhöht den Gewebs- Sauerstoffpartialdruck durch Rechtsverschiebung der Sauerstoff-Dissoziationskurve (Bohr-Effekt) bei gleichzeitiger Homogenisierung der Lungenfunktion (verbesserte Distribution im Verhältnis von Ventilation zur Perfusion) und gleichzeitigem Anstieg des Atemvolumens: der arterielle Sauerstoffpartialdruck nimmt zu. Während all dies experimentell und klinisch kontrolliert bewiesen ist, eine Venentonus-Erhöhung ist theoretisch plausibel und klinisch nachgewiesen.
Wärmeentziehende, kühle Kohlensäurebäder von 32-30 °C wurden in der Vorphase der therapeutisch wirksamen invasiven Intervention oder Pharmakotherapie bei Herzinsuffizienz und Koronarer Herzkrankheit leichteren bis mittleren Grades pathophysiologisch begründbar appliziert und in klinischen Studien kontrolliert.
Kohlendioxid als klassisches „Kreislaufpharmakon“ ist indiziert bei den Indikationen, für die alle kontrollierte klinische Studien nach dem Standard der „evidence based medicine“ existieren, die kontrovers diskutierten Indikationen beruhen auf Empirie ohne diesen Qualitätsstandard. Kohlendioxid ist eines der wenigen Balneotherapeutika, die zur Zeit als Heilmittel generell anerkannt sind!
Akratothermen (< 1000 mg Mineralien/l, Temperatur > 20 °C) und Akratopegen (< 1000 mg Elekrolyte/l, Temperatur < 20 °C) sind in ihrer Wirkung als die klassischen Wildwässer empirisch bewährt bei chronischen „rheumatischen“ Erkrankungen des Muskulo-Skeletal- Systems, aber auch hier fehlen – die zugegebenermaßen schwierigen – klinischen Studien. Hier ist zu erwähnen, dass Normen der Europäischen Union diese Grenze unterminieren und wenig mineralisierte (oligo) Wässer als Mineral- und juristisch unangreifbar, aber sachlich völlig falsch sogar als Thermalwasser deklarieren.
Peloide als Moor-(Torf-)breibäder und Fango sowie Schlick wirken über eine Hitze-„counter irritation“ und ihren gleichmäßigen konduktiven Wärmeübergang an minderdurchbluteter Haut mit steilerem körperwärtigem Gradienten. Der konvektive Wärmetransport wird dadurch unterbunden, dass die Moleküle fixiert sind. Moor aus unterschiedlichen Torfstichen unterscheidet sich chemisch. Huminsäuren als Bestandteile des Moor-Torfs vermögen die Haut zu permeieren; experimentell wirken sie immunstimulierend und werden zur Zeit bei Immunschwäche erprobt, was die empirisch bewährten Wirkungen teilweise erklären könnte.
Peloide in stärkerer Konsistenz werden bei chronifizierten Erkrankungen der Haltungs- und Bewegungsorgane vor allem zur Wärmezufuhr, in akuten Stadien vor allem wärmeentziehend, also als Kälte, appliziert.
Keimhemmende, entzündungshemmende, adstringierende, zellstimulierende und hormonale Effekte sind experimentell nachgewiesen. Klinische Studien – mit Ausnahme intravaginaler und enteraler Applikation, die bewiesen sind –, zur postulierten pharmakologischen Wirkung fehlen.
2.2.1.3. Bewegungsbad („aquale Ergometrie“)
Bewegungsbäder haben mikrobiologisch Trinkwasserqualität bei Transparenz mit Temperaturen – technisch modifiziert – nahe der Thermoneutralität bzw. Thermoindifferenz. In den USA gilt inzwischen, dass Bewegungsbäder eine Mindesttemperatur von 32 °C haben müssen.
Die Faktoren Wasserdruck – 135 cm Wassersäule sind 100 mm Hg –, Antigravitation – > 90 % Gewichtsverlust- und Viskosität/Kohärenz – 800 x größer als Luft haben Zusatzwirkungen bei körperlichem Training/ Übung im Medium. Solen und andere Mineralien erhöhen zusätzlich den Auftrieb. Dies bessert im Bewegungsbad die Gelenkbeweglichkeit der Extremitäten und der Wirbelsäule; daraus ergeben sich die Indikationen bei Erkrankungen des Muskulo-Skeletal-Systems, da gleichzeitig ein intensiveres und effektiveres Muskel- und damit Kreislaufdauerleistungs-Training bei gleichzeitiger Schonung der schwerkraftbelasteten Strukturen, vor allem der unteren Extremitäten und der LWS möglich ist.
Richtig appliziert, kann schmerzlos trainiert werden, was an Land in der Regel nicht oder nur mit Simulation der Schwerelosigkeit im Schlingentisch erreichbar ist. Neueste Untersuchungen beweisen, dass ein Krafttraining im Wasser ohne und mit zusätzlichen Geräten erfolgreich durchgeführt werden kann. Spezieller Techniken wie Mc- Millan-Halliwick, Bad Ragaz Ring-, Freiburg-Auftriebsund Krafft-Auftriebs-Therapie werden wegen der richtigen Wassertemperatur sinnvollerweise im Thermal-Bewegungsbad durchgeführt
Aqua-Training wird zunehmend attraktiv: Aqua-Jogging respektive Aqua-Fitness basieren auf der Balneologie Zentraleuropas.
Bei neurologischen Erkrankungen werden die Faktoren ebenfalls Entlastung therapeutisch genutzt, vor allem empirisch, bisher erst in Ansätzen wissenschaftlich evaluiert und „klinisch“ kontrolliert, was auch für die Landkonkurrenz wie Bobath und Kabath gilt.
AquaTraining ist also intensives Muskel- und Kreislauftraining und wirksamer als ein „Terratraining“ an Land – bei Entlastung des Skeletal-Systems und neuronaler Entspannung.
Daraus ergibt sich die Indikation Gehbehinderung. Speziell bei Multimorbidität kann die aktive Bewegung mit interaktiver aqualer Stimulation differentialtherapeutisch eingesetzt werden. Dies gilt gleichermaßen für Sturzgefährdung Betagter; selbige können in der Regel an Land wegen Unsicherheit und Schwindel nur in Aufhängevorrichtungen trainieren: das Wasser schützt vor Stürzen und ist damit – auch für Nichtschwimmer – geeignet, bewiesen in kontrollierten klinischen Studien.
AquaGeräteTraining zur Therapie und Konditionierung: Inzwischen existiert eine Vielzahl von (Unter-)Wassergeräten aus dem Fitness- und Medizinischen Trainingsbereich wie Laufbänder, Rudergeräten, Steppern, Kraftmaschinen etc pp., die international evaluiert werden.