In der historischen Entwicklung der diversen medizinischen Fachdisziplinen kann man unterscheiden:
a) Klassische organ- oder organismus-orientierte Ur-Fächer wie z. B.
- Innere Medizin
- Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
- Orthopädie
- Gynäkologie
Diese Fächer waren und bleiben der Kernbereich der universitären Schulmedizin.
b) Neuere1) methodenorientierte Fächer wie
- Röntgenologie
- Pharmakologie
- Physikalische Medizin
- Naturheilverfahren
Diese Fachbereiche sind dadurch gekennzeichnet, dass vor allem die Beherrschung spezifischer Methoden eine eigene Facharzt- und/oder Zusatz-Bezeichnung rechtfertigt.
Neueren Datums sind
c) situationsorientierte Fächer als eine weitere Gruppe von Spezialdisziplinen wie
- Sportmedizin
- Arbeitsmedizin
- Flugmedizin
- Tropenmedizin
- Kurortmedizin
Zwar werden innerhalb dieser Fächer auch Akutbehandlungen2) etwa nach Sportunfällen, nach Arbeitsunfällen, bei akuten Infektionen oder nach akuter Überlastung durchgeführt. Der eigentliche Schwerpunkt der situationsorientierten Fächer und insbesondere der Kurortmedizin ist aber eher ein präventiver: es gilt, längerfristig einen nicht (mehr) akut-behandlungsbedürftigen Gesundheitszustand zu verbessern. Dabei stehen nicht nur primär- und sekundär-präventive, sondern auch rehabilitative bzw. tertiar-präventive Ansätze im Mittelpunkt des Interesses. Hierzu interessiert weniger die Pathogenese und eine substitutive Therapie, sondern die Salutogenese und eine kompensatorische Adaptationsleistung des „ganzen“ Organismus.
Ein solcher ganzheitlicher Ansatz, der sich gar nicht mehr einen wesentlichen Erkenntniszugewinn aus einer naturwissenschaftlichen Aufklärung monotherapeutischer3) Wirkungswege verspricht, ist im Hinblick auf die Vermittelbarkeit an Medizin-Studenten, sprich Schulmedizin, prima vista suspekt. Gleichwohl gibt es naturheilkundliche Verfahrensvorgaben oder Rezeptiervorschläge mit vorhersagbaren4) Wirkungen. Bei solchen Verfahren denkt man schnell an – im heutigen Sinne – Heilpraktiker, also an nicht-ärztliche Therapeuten wie Schroth, Prießnitz, Felke oder Kneipp. Unter diesen hat zweifellos Sebastian Kneipp die größte Breitenwirkung erzielt. So gibt es Kneipp-Kurorte und Kneipp-Heilbäder bundeseinheitlich, Felke-Kurorte und Schroth-Heilbäder nur in einzelnen Bundesländern5).