Indikationskriterien

Die Indikationen für eine Kurortbehandlung sind bezogen

  • auf die Krankheiten, die auf die Wirkprofile ortsgebundener Kurmittel ansprechen,
  • auf die Notwendigkeit des Einsatzes der kurtypischen, trainierenden Therapiemethoden und Prinzipien im Krankheitsverlauf,
  • auf die Therapieziele Prävention, Rehabilitation, Kuration chronischer Krankheiten, Sicherung der Autonomie im Alter und Gesundheitsförderung,
  • auf die Grundstruktur der Kur als Ganzheitsmedizin,
  • auf die Struktur der Kur als Gesundheitsmedizin,
  • auf die Notwendigkeit eines Milieuwechsels.

Die Heilbäder und Kurorte bieten mit ihren ortsgebundenen Kurmitteln des Bodens, des Klimas und der Landschaft schon traditionell eine breite Palette von Mitteln, die sich in der kurtypischen Reiz-, Reaktionsbehandlung als Mittel für ein Funktions- und Regulationstraining seit Jahrhunderten bewährt haben, besonders zur Erreichung der unter 3 genannten Therapieziele. Zum stark erweiterten Spektrum trainierender Kurmethoden gehören neben der Balneo-, Klima- und Hydrotherapie gerade heute die Bewegungstherapien, die Entspannungstherapien, die Gesundheitsbildung und gesunde Ernährung und Diät.

Prävention, Rehabilitation, Gesundheitsförderung und Vermeidung der Pflegebedürftigkeit kennzeichnen als Begriffe nicht nur Therapieziele, sondern auch Phasen für spezielle Therapien in den Prozessen des Erkrankens und Gesundens, beziehungsweise Zeitstrukturen in einer sinnvollen und optimal organisierten Behandlungskette. Bei der Begründung der Notwendigkeit einer Kur ist diese Phasenindikation der Kurbehandlung auf Grund der kurtypischen Therapiemethoden immer zu beachten.

Nach der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von chronischen Krankheitsprozessen wird unterschieden zwischen dem Körperschaden (Impairment), den daraus resultierenden Leistungseinschränkungen in der Form von Funktionsstörungen (Disabilities) und den daraus ableitbaren sozialen Beeinträchtigungen (soziale Handicaps). Auch in dieser Klassifizierung wird die Phasenindikation für bestimmte Therapiemethoden im breiten Fächer der heutigen Möglichkeiten von Therapie in einem gegliederten Gesamttherapieplan sehr deutlich.

"Ganzheit" im Therapieansatz der Kurortmedizin umschreibt nicht nur eine Summe von sich ergänzenden Therapieverfahren für den Körper und die Seele. Ganzheit muss verstanden werden als die Einheit des biologischen Systems mit hierarchischer Gliederung, in dem Körper und Seele interaktiv in die Steuerungs- und Regulationsvorgänge des Organismus ständig eingreifen. Durch die Methoden der Kurbehandlung werden integrative Fähigkeiten des Organismus und der Person, Fähigkeiten der Selbststeuerung, gefördert und damit auch endogene Heilungs- und Normalisierungsprozesse angestoßen.

So gehört auch zur Ganzheitsmedizin in der Kur, dass der Kurpatient lernt, Störgrößen des Lebens, von chronischen Krankheiten, des Alters und von Behinderungen besser selbst und eigenverantwortlich zu bewältigen. Nur so kann das Metaziel "soziale Gesundheit" (Arbeitsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit, Autonomie im gesellschaftlichen Leben im vorgeschrittenen Alter und bei bleibenden Behinderungen) trotz chronischer Krankheit, Behinderung und Alter erreicht werden.

Aus diesem Verständnis von Ganzheit wird deutlich, dass zur Kurortmedizin sowohl bei der Behandlung chronischer, somatischer Krankheiten die Förderung der Restgesundheit und von Restbefähigungen und die seelische Bewältigung der Krankheit gehört als auch bei psychischen Störungen ein somatisches Basistraining durch Bewegungstherapie u.s.w. Gerade unter diesem Leitbegriff der Ganzheit ist die Summe der Kurmethoden als Gesundheitsmedizin von den psychophysiologischen Grundlagen her ausgewiesen. Die kurtypische Gesundheitsmedizin berücksichtigt als Ordungstherapie die somatische, psychische und soziale Ebene in der Gesundheitsförderung bei Kranken, im Alter, bei Behinderungen und bei den noch Gesunden mit Risikofaktoren.

Bei der Indikationsstellung zu einer Kur sind also zu berücksichtigen:

  • die Art der Krankheit (nach der Heilmittelindikation),
  • die daraus resultierenden Funktionsstörungen (als spezielle Indikationen für das kurtypische Funktions- und Regulationstraining),
  • die Krankheitsphase (im Hinblick auf die Kurziele: primäre, sekundäre und tertiäre Prävention, Rehabilitation, Gesundheitsförderung und Vermeidung der Pflegebedürftigkeit),
  • das Krankheitserleben und die soziale Situation des Kurpatienten (nach dem Ganzheitsaspekt der Kurortmedizin),
  • die Notwendigkeit eines kurbedingten Milieuwechsels als Chance und Hilfe, Lebensstile, die krankheitsfördernd wirkten, in der Distanz zum Alltag zu ändern und Lebensgleichgewichte aktiv zu reorganisieren,
  • die Notwendigkeit der Förderung von integrativen Leistungen des Organismus und der Person,
  • die Beurteilung der vorhandenen, gesundheitlichen Ressourcen und Kompetenzen und deren Entwicklungsfähigkeit durch Training im Rahmen der Gesundheitsförderung.

Nach diesen Aspekten der Indikationsstellung für eine Kur auf Grund der medizinischen Indikatoren sind schon in der Phase der Vorbereitung einer Kur (und auf die verschiedenen Formen der Kur im gegliederten Kursystem) dem Patienten und Kurgast seine Kuraufgaben zu verdeutlichen, damit die aktive Mitarbeit des Patienten bei der Bewältigung seiner Kuraufgaben schon vor der Kur eingeleitet wird.

Neben der Beurteilung der "somatischen Kurfähigkeit" nach der Krankheitsphase und den Krankheitsbefunden ist Inhalt auch die "psychische Kurfähigkeit" als Kriterium für die Bereitschaft des Patienten zur aktiven Mitarbeit in der Kur zu prüfen.

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